17. Wieder vereint

Im Vordergrund eine Feuerschale auf einem Steg an einem Teich im Wald. Am anderen Ufer ein Monolith, rechts daneben ein Windwirbel. Generiert mit Microsoft Designer.
Idylle der Elemente

 

Wie erwartet gestaltete sich der Rückweg entlang des Gebirgszuges einfacher für die Vierergruppe. Nun folgten sie dem von Bäumen gesäumten Bach abwärts in den großen Wald hinein bis zum Holzfällerdorf. In der Schenke machten sie Halt und übermittelten den Menschen die Neuigkeiten. Über Nacht rasteten sie in der Nähe der rustikalen Blockhütten, ehe sie bei Sonnenaufgang ihre Kamele und Pferde wieder beluden und die Reise fortsetzten.

 

Das Wetter blieb abgesehen vom Morgendunst recht trocken und schien den Reisenden wohlgesonnen. In den nördlicheren Gefilden war der Winter nicht mehr weit und das Laub der Bäume hatte in dieser Gegend bereits vielfältige Färbungen angenommen. Zügig kamen sie zu Fuß durch den Wald, die Reittiere führten sie an den Zügeln. Ganeg zeigte sich gut gelaunt und sang mit Yalima fröhliche Lieder von Sonne und Leben. Auch Farai stimmte hin und wieder in den Gesang ein. Tapo, der die Lieder nicht kannte, erfreute sich dennoch an den Melodien.

 

Zum Abend erreichten sie in bester Wanderlaune die Kommune Kapan und suchten sofort Puna auf, die sie lächelnd empfing. „Die Prinzessin ist zurück, sei gepriesen Tapo!“, rief sie ihm entgegen. An die Wüstenreiter gewandt deutete sie eine Verbeugung an und sprach: „Euch danke ich dafür, dass ihr stets an seiner Seite wart, werte Bahiq. Seid für den Rest des Tages unsere Gäste.“ Bald füllte sich der zentrale Platz der Kommune mit Menschen, die Krüge mit Getränken und Platten voll mit Speisen herantrugen. Zum Sitzen gab es einfache Holzbänke und weiche Teppiche. Fröhliches Gemurmel bestimmte die Atmosphäre des spontanen Festes zu Ehren des Günstlings der Prinzessin.

 

Tapo und die Bahiq saßen mit Puna zusammen und erzählten davon, was sich zugetragen hatte. Die Mithilfe der drei Gottheiten imponierte der alten Frau besonders. „Es wird noch einige Tage dauern, ehe wir die Insel erreichen, um Yaya zu treffen. Wir werden uns etwas einfallen lassen, wie wir euch wieder zusammenbringen, wenn wir dort sind. Womöglich bekommen wir Hilfe.“, sprach Yalima ihre Gedanken dahingehend aus. Puna nickte mit tränenbenetzten Augen. „Ich würde mich sehr freuen, meine Schwester wieder in die Arme nehmen zu können.“, schluchzte sie mit freudig vibrierender Stimme.

Bis tief in die Nacht feierten die Bewohner Kapans mit den Reisenden, die diesmal in einem der Häuser Quartier bezogen hatten, statt ihr Zelt aufzubauen. Es war um die Mittagszeit, als sie gen Süden aufbrachen, den Tafelbergen entgegen.

 

Jede Etappe, die ihnen auf dem Weg nach Norden mehrere Tage gekostet hatte, legten die vier Reiter nun innerhalb eines Sonnenlaufes zurück. Der Segen der Gottheiten schien sich auf ihre Tiere übertragen zu haben, denn auch sie wirkten stärker und ausdauernder als zuvor. Bis sie in der großen Felsenstadt am Rande der Wüste ankamen, waren sie zwei halbe Tage unterwegs, denn sie wollten es vermeiden des Nachts unterwegs zu sein. Die Laune der Wachen schien sich seit ihrem letzten Besuch erheblich verbessert zu haben, denn obwohl sie am Nordtor angehalten wurden, scherzten die Stadtbediensteten, was man von ihnen vorher nicht gewohnt gewesen war. Von den anderen Bahiq fehlte in der Felsenstadt aber jede Spur, die Markthändler wussten nur, dass sie wieder westwärts, in die Wüste hinein, gezogen waren. Am nächsten Tag wollten die vier Reisenden ihren Freunden und Verwandten folgen und sich auf den Weg zur Oase Darfa machen.

 

Noch bevor sie zum dem von Palmen umstandenen See mitten in der Wüste gelangten, hatten Tapo und seine Begleiter den Stamm Häuptling Zelags gefunden, dessen Karawane ihnen von Westen entgegenkam. Gemeinsam setzten sie ihren Weg in das Hauptlager der Bahiq fort. Zu ihrer Überraschung wurden sie in Darfa von Tayemma erwartet, der sie alle mit einem Kniefall huldigten. Gemeinsam mit dem Windgeist legte die Naturgöttin die versunkene Stadt der Nomaden frei, die sie mit einer magischen Barriere vor einer erneuten Zerstörung schützte. Anlässlich der Rückkehr ihrer Stammmutter veranstalteten die Bahiq ein großes Fest, das drei Tage lang andauerte.

 

Bald drängte Tapo aber weiter, um sein Versprechen gegenüber Yaya und der Prinzessin einzulösen. Seine drei lieb gewonnenen Freunde begleiteten ihn auch weiterhin und wichen nicht von seiner Seite. Nach dem großen Fest der Wiederauferstehung der Stadt Darfa zogen sie erneut los und reisten nach Süden, wo die Savanne die Wüste ablöste. Hinter den Roten Bergen folgten sie dem Fluss bis zum Meer hinunter. Einige Tage später kamen sie in Tapos Heimatdorf an, wo sie aufgrund ihrer ungewöhnlichen Kleidung auf Zurückhaltung stießen. Erst als der Fischer sich zu erkennen gab, wurden die Neuankömmlinge offener begrüßt. Tapos Mutter schloss ihn fest in die Arme, ebenso taten es seine Geschwister, nur sein Vater wendete sich mürrisch ab.

 

Beim Essen erzählte Tapo den Dorfbewohnern die Geschichte seiner Reise, die mit großem Erstaunen kommentiert wurde. Als er zum Ende kam, berichtete sein Bruder davon, dass seit Kurzem der Fischfang wieder besser lief und man das Dorf wieder gut ernähren konnte.

Am nächsten Morgen machte der junge Fischer ein Boot bereit, mit dem er und seine Freunde zur Insel segeln wollten, um Yaya und ihre Leute zu besuchen. Zu Tapos Freude war sie schon vom Strand aus zu sehen. Der verhüllende Nebel war verschwunden und die aufgehende Sonne beschien das felsige Eiland. Schnell stiegen Tapo und die Bahiq in das Boot und setzten über.

 

Auf dem Platz zwischen den Strohhütten herrschte reges Treiben. Yaya winkte den Besuchern, als sie das Rund des Dorfes betraten. „Das Glück ist zurückgekehrt. Dank dir Tapo.“, freute sich die alte Frau. Tapo entgegnete: „Wir sind gekommen, um dich mit Puna zusammenzubringen und euer Volk wieder nach Hause zu bringen, wenn ihr das wollt. Ihr könnt das natürlich frei entscheiden. Aber zuerst lasst uns die Prinzessin rufen!“

Puna und Tapo setzten sich gegenüber in den Sand. Alle anderen Inselbewohner nahmen um sie herum Platz. Gemeinsam stimmten sie einen Singsang an, den Yaya führte, doch Tapo sah die jugendliche Prinzessin der blauen Sande als einziger deutlich vor sich. „Komm zu uns, Prinzessin, deine Leute vermissen dich.“, bat Tapo und ein weiteres Mal verschwammen Traum und Realität ineinander. Die Prinzessin trat aus dem Tor ihres Tempels und erschien inmitten der Leute auf dem kleinen Dorfplatz. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, die sich von ihrer blassen Haut abhoben. Ihre Stimme fand ihren Weg in die Gedanken jedes anwesenden Menschen. „Ihr müsst nicht zurück in das Eismeer kommen, doch hinterlasse ich euch hier die Möglichkeit, die Welt zu bereisen, wo immer ihr auch hingehen mögt. Stellt euch einfach auf die Plattform und stellt euch den Ort vor, den ihr besuchen wollt. Am Ziel entsteht ein gleichartiges Podest, mit dem ihr wieder heimkehren könnt.“, erklärte sie und stieg von der kreisförmigen Platte, die bei ihrer Ankunft materialisiert war. Dann forderte sie die Dorfälteste auf: „Yaya, gehen wir deine Schwester besuchen.“

 

Gemeinsam mit der göttlichen Erscheinung betrat die alte Frau mit Tränen des Glück in den Augen die Steinplatte, dann verschwand sie in bläulich schimmerndem Licht.

 

- Ende -

 

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