06. Ehrenwerte Freunde

Eine Oase in der Sandwüste. Einige Palmen und ein von den Winden verformter Felsen spenden Schatten, wo eine Gruppe von Wüstennomaden an einer Wasserstelle um ein Lagerfeuer herum sitzt. Erstellt mit Microsoft Designer.
Die Bahiq in ihrer Oase Darfa. (KI-generiert)

 

Erholt und ohne Schmerzen erwachte Tapo in dem Zelt, in dem sich die Frau der Wüstenreiter um ihn gekümmert hatte. Sie befand sich immer noch in seiner Nähe und öffnete die Augen, als sie bemerkte, dass der Reisende sich zu regen begann. „Tayemma …“, setzte Tapo an zu reden, doch die Nomadin unterbrach ihn. „Ich bin Yalima, Tayemma ist die Ahnin unseres Volkes, die uns gerufen hat, um dir zur Hilfe zu eilen. Sie trug uns im Traum auf, nahe den roten Bergen nach einem dunkelhäutigen Menschen zu suchen, der dem Tode nahe war. Unsere Reiter haben dich gefunden und nach Darfa gebracht. Es freut mich, dass du wieder zu Kräften gekommen bist.“, erklärte sie ihm freundlich lächelnd. Dabei legte sie ein hellblaues Gewand neben den Fischer, das dem Kleidungsstil der Bahiq entsprach. Auf seinen fragenden Blick hin, legte sie ihm dar: „Du bist der Günstling der Prinzessin und kommst vom Meer her zu uns, deshalb soll deine Kleidung die Farbe des Wassers tragen. Ich werde dir beim Anlegen behilflich sein.“ Yalima war geübt darin, mit den langen Stoffbahnen umzugehen und wies den jungen Mann an, wie er sich bewegen sollte, während sie ihm nahe brachte, was es mit der Kleidung ihres Volkes auf sich hatte.

 

„Sie schützt vor der Hitze des Tages und wärmt dich in der Kälte der Nächte. Turban und Schleier halten den Staub und den Sand von deinem Kopf und dem Gesicht fern. Wir werden einige Tage unterwegs sein, bis wir den östlichen Rand der Wüste erreichen. Den weiteren Weg werden wir dort in der Stadt der Bergbewohner planen. Tayemma und die Prinzessin werden uns leiten.“, endete sie zuversichtlich und Tapo stand in seine neuen Kleider gehüllt da. Für ihn war es ungewohnt, viel mehr als die Scham zu bedecken, denn wo er herkam, wechselten mit dem Regen die Jahreszeiten und es war immer warm. Die Wüste war anders, der tägliche Wechsel der Temperaturen war etwas Unbekanntes für ihn, doch er nahm die geänderten Umstände an, weil er sein Versprechen zu halten gedachte.

 

Yalima ging mit Tapo nach draußen vor das geräumige Zelt. Dort stellte sie ihm die anderen Mitglieder des Clans vor, die sich an dem See niedergelassen hatte, der das Leben in der Oase ermöglichte. Einige Palmen und ein von den Winden verformter Felsen spendeten Schatten, in dem die Leute jeden Alters im Gras um ein Lagerfeuer herum saßen und sich in ihrer fremd klingenden Sprache unterhielten. Die Anwesenden verstummten, als Tapo und Yalima sich ihnen näherten. Sie schauten ihn durch die Sehschlitze ihrer gewickelten Kopfbedeckung, die sie "agesh"nannten, abschätzend an. Ein Mann, dessen Alter man aufgrund der verschleiernden Kleidung nur nach seiner Stimme einschätzen konnte, richtete sein Wort an den Neuankömmling: „Der Günstling der Prinzessin ist genesen. Wir können unsere Reise also bald beginnen. Komm in unsere Mitte und iss mit uns, Nelay.“, begrüßte er Tapo.

 

Das Wort „Nelay“ lässt sich nur schwer in die Sprache der südlichen Fischer übertragen und stimmt am ehesten mit der Bezeichnung „Herr“ oder „Erhabener“ überein. Die Bahiq würden ihren Gast weiterhin so ansprechen, was Tapo ohne Einwand akzeptierte.

 

Die Feuerstelle war durch einen Kreis aus runden Steinen begrenzt, wo am inneren Rand ein Kessel in der Glut stand und auf einem langen Metallspieß Fleischstücke über der Hitze des Feuers brutzelten. Mit einem „Danke sehr.“ nahm Tapo die Einladung zum Essen an und setzte sich zu dem Mann, der ihm eine Schüssel, gefüllt mit gekochtem Getreide, gegarten Wurzeln und gebratenem Fleisch, reichte und ihm freundlich bestimmt zunickte. Nachdem er die Schüssel geleert hatte und gesättigt war, bot Yalima ihm einen Becher mit einem heißen, aromatischen Getränk an. Es schmeckte leicht bitter und sehr süß, was Tapo recht gut gefiel.

 

Er erzählte beim Tee den Nomaden, die ihm aufmerksam zuhörten, von seiner bisherigen Reise. Die Begegnung mit dem Feuerdämonen nahmen sie mit Sorge zur Kenntnis. „Das Vergehen gehört zum Kreislauf des Daseins, doch das ist abscheulich.“, kommentierte der Anführer des Stammes, der Tapo einen weiteren Becher Tee anbot. Der Fischer setzte seine Geschichte fort, bis er mit Dank und Lob für das Essen endete. Nochmals schenkte einer der hellgrün bekleideten Nomaden dem Gast Tee nach. Als Tapo diesen dritten Becher geleert hatte, wandte sich das Stammesoberhaupt nochmals an ihn: „Nach deinem dritten Tee gehörst du nun zu uns und stehst unter dem Schutz der Bahiq. Wir heißen dich bei uns willkommen, Nelay.“ Die anderen Anwesenden klatschten, manche schlugen sogar Trommeln in schnellem Takt an. Einige Frauen erhoben sich und tanzten zu dem Rhythmus im Schein der Flammen, die Sonne verabschiedete sich gerade im Abendrot hinter den Dünen. Auch ein paar Männer ließen es sich nicht nehmen und bestiegen ihre Reittiere, die sie, dem Trommelschlag folgend, um die Tanzenden im Kreis gehen ließen. Hell stand der zunehmende Mond über dem Sandsteinfelsen der Oase und beschien die feiernden Nomaden und ihren Gast.

 

Irgendwann kroch die Kälte der Wüstennacht heran, nach und nach gingen die Menschen in ihre Zelte, um sich schlafen zu legen. Ein paar Wachen hüteten über Nacht das Feuer und bewachten das Lager. Nachdem sich der Häuptling verabschiedet hatte, wurde Tapo von Yalima in das Zelt gebracht, in dem er von ihr gepflegt worden war. Sie wünschten sich eine gute Nacht und schliefen bis zum Morgengrauen.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0