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16. Die Geschichte von den sieben Zwergen

Bild von Artur Sakirow auf Pixabay
Ural - Fluss und Gebirge

Wir eilten zur Bibliothek zurück, um Brondil zu unserer Entdeckung zu befragen. Es musste ja einen Grund haben, weshalb diese Säule gerade hier errichtet wurde.

Die Zahl Sieben hat uns Zwerge seit jeher begleitet. Von den ersten Ahnherren an bis hin zur gemeinsamen Glückszahl aller Zwerge. In allen Bereichen unseres Lebens begegnet die Sieben uns. Der Grund dieses Faktes war mir nicht bekannt, aber ein Weiser wird uns sicher etwas erhellendes darüber erzählen können.

Kaum hatte ich meine Gedanken zu ende gedacht, hatten wir bereits wieder das Wissensforum erreicht und betraten die langgezogene Halle. Thídra führte uns direkt zu Brondil, der über einem gebundenen Buch gebeugt konzentriert arbeitete. Ich räusperte mich, um Brondil auf unsere Anwesenheit aufmerksam zu machen. „Ah, unsere Gäste sind wieder hier. Nun scheint ihr ja doch Fragen zu haben, ich ich gern beantworte, wenn ich das kann.“, sprach er uns an. Ich kam direkt auf die Säule zu sprechen. „Zirak Brondil, wir haben uns von Thídra den Ort zeigen lassen, an dem eure Ahnen den Hartfels betreten hatten. Auf dem Platz befindet sich eine runenverzierte Säule, die ich ähnlich aus Takal Dûm kenne. Sie sind wichtige Landmarken und beschreiben meist wichtige Informationen in Rätseln oder rituellen Anweisungen. Ich möchte gern das Geheimnis dieser Säule erkunden. Könnt ihr mir dabei helfen?“ Der Zwerg mittleren Alters zog in seinen Gedanken versunken seine dunklen Augenbrauen zusammen und seine grünen Augen blickten mich abschätzend an. „Ihr seid Daril der Bewahrer. Diesen Wunsch kann ich Euch nicht abschlagen. Callia hatte sich heute morgen bereits mit mir und den anderen Ratsmitgliedern unterhalten und von Euch erzählt. Für mich besteht kein Zweifel, dass Ihr die historische Person seid, die die versprengten Zwerge wieder vereinen soll. Unsere Säule ist nur eine von vielen, die Ihr besuchen müsst, denn alle flüchtenden Gruppen hatten den Auftrag, am Ort ihrer neuen Heimat eine Markierungssäule zur errichten.“

Diese Aussage erstaunte mich. „Gibt es dann in Tumunkazor ebenfalls eine solche Säule? Mir war dort keine aufgefallen. Andererseits hatten wir dort nur den mit Fallen gespickten Weg nach oben in den Wald gefunden. Dieser Ort war für mich sehr verwirrend.“, teilte ich Brondil mit.

„Ich möchte Euch gern die Geschichte erzählen, doch es gibt jemanden hier, der das besser kann. Meister Durgin kennt die Geschichte hier am besten. Außerdem ist er einer der ältesten Zwerge hier. Ich bringe euch zu ihm und stelle ihn euch vor.“ Der Ratsherr ging voran und wir folgten ihm erwartungsvoll.

 

„Zirak Durgin, ich grüße Euch und bringe wissensdurstige Begleitung mit.“, rief Brondil in die Bibliothek hinein, die sein Ziel gewesen war. Ein wahrlich alter Zwerg mit Glatze und einem langen, kunstvoll geflochtenen weißen Bart erschien zwischen den Regalen, die sowohl gebundene Bücher als auch Steintafeln enthielten. „Ich bin erfreut, dass eure Wege euch auch zu mir führen. Es ist schön, die Herren aus Takal Dûm hier begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Durgin, Sohn des Grimdol.“, begrüßte er uns. Foret und ich deuteten eine Verbeugung an. „Habt Dank, dass Ihr uns empfangt, Zirak Durgin.“, ergriff Foret das Wort. Ich setzte fort: “Vorhin waren wir mit Thídra unterwegs und sie zeigte uns den verschlossenen Tunnel, durch den eure Ahnen hierher kamen. Mir fiel die Markierungssäule auf und ich las die Zeilen in ihrem Sockel. In der Stadt der Vorväter gibt es ähnliche Bauwerke. Mich interessiert, was es mit ihnen auf sich hat und was der Text der euren bedeutet.“

Der greise Bibliothekar nickte. „Setzt euch. Die dazu gehörende Geschichte ist lang und beginnt tatsächlich mit der Schöpfung unseres Volkes durch den Schmiedevater.“ Alle Anwesenden, auch Brondil und Thídra, setzten sich, wo immer sie auch Platz fanden. Durgin setzte sich auf einen hölzernen Hocker, schaute entschlossen in die Runde und begann zu erzählen.

 

„Vor ungezählten Generationen kam es dem Schmiedevater in den Sinn, Leben nach seinem Antlitz zu erschaffen. Er versuchte das Wasser zu formen, doch das Wasser hielt seine Form nicht. Er versuchte das Eis zu formen, doch das Eis wurde unter seinen Händen zu Wasser. Er versuchte die Erde zu formen, doch die Erde behielt die gewünschte Form nicht. Was immer er auch versuchte, in eine Form zu bringen, hatte nicht die Fähigkeit, sie auch zu erhalten. Mit Hammer und Meißel begann der Schmiedevater den Fels der Berge zu bearbeiten und er sah, dass dies zu Erfolg führte.

Er überlegte, wo seine Kinder wohl leben könnten und in ihm reifte die Überzeugung, dass es ein guter Gedanke sein würde, ihnen die Höhlen innerhalb der Berge als Wohnstatt zu geben. So zog er durch die Lande dieser Welt und suchte nach dem perfekten Ort für sein Vorhaben. Er fand einen Gebirgszug, der sich lang von Nord nach Süd zog mit reichlich Höhlen. Das sollte die Heimat seiner Schöpfung werden. In der tiefsten und dunkelsten Höhle unter dem Gebirge begann er seine Arbeit, schlug Bildnisse in den Stein, haute verschiedenste Statuen aus dem Fels, formte und hämmerte unermüdlich, bis er endlich zufrieden war mit seiner Arbeit. Sieben Figuren hatte er nach seinem Ebenbild geschaffen, mit zwei Armen, zwei Beinen und einem kräftigen Körper. Mit der Kraft des Erdinneren flößte er den Sieben das Leben ein.

Durgin, der Erzformer, war der erste. Es folgte Thard, der Steinhauer. Der dritte im Bunde wurde Mendil, der Wissende, genannt. Als viertes trat Gridol, der Feuerlenker, ins Leben. Kargut, der Druide, war der fünfte. Borgar, der Koch, war der sechste Zwerg. Zuletzt erwachte Rakmir, der Händler.

Der Schmiedevater leitete seine sieben Kinder an, die Grundlagen ihrer Berufungen zu lernen und zeigte ihnen, dass alle Sieben nur gemeinsam Größeres schaffen würden, denn jeder sei auf den Anderen angewiesen. Er lehrte ihnen gemeinsam die Sprache, die wir heute noch sprechen und schärfte ihnen ein, diese nicht mit anderen Völkern zu teilen, sondern die Sprachen der Fremden zu lernen, um sich mit ihnen auszutauschen zu können. Deshalb gab er ihnen eine schnelle Auffassungsgabe mit.

Die Zeit der Ausbildung war irgendwann vorbei und die jungen Zwerge begannen sich zu fragen, wem sie ihr gelerntes Wissen und angeborenes Talent denn weitergeben sollten und fragten den Schmiedevater danach. Daraufhin erschuf dieser sieben weibliche Zwerge, damit sie von einander lernen und die Liebe kennenlernen würden. Den sieben Ersten war es eine ehrenvolle Aufgabe, die Zweiten zu unterrichten. Bald bildeten sie Paare und fanden die Liebe zueinander. Die Höhle, in der sie erwacht waren, wurde erweitert und sie begannen Tunnel durch den Berg zu treiben. Ihre Zahl wuchs an und sie erforschten immer weiter ihre unterirdische Welt. Mendil dokumentierte alles für die Nachwelt, damit auch ja kein Wissen verloren gehen würde. Deshalb können wir heute noch von dieser Zeit erzählen.“

 

Der alte Meister der Bibliothek machte eine Pause. Er winkte Thídra zu sich heran, die kurz darauf den Raum verließ, aber bald mit einer Flasche und einem Becher wiederkam. Durgin nahm das Getränk dankend an und tat einen großen Schluck.

„Das viele Reden macht durstig, aber die Geschichte geht noch weiter.“, sagte er mit schalkhaftem Lächeln.

„Die meisten von euch sollten die Geschichte soweit aus der grundlegenden Ausbildung kennen. Die Namen der sieben Stammväter musste schließlich jeder Zwerg einmal auswendig lernen.“, sagte der Alte mit einem breiten Lächeln an die Runde gerichtet.

„Der Schmiedevater stattete seine Schöpfung mit nützlichen Eigenschaften aus, wie die gute Sicht im Dunkeln, die Fähigkeit sich versteinern zu können sowie eine enge magische Verbindung zur Erde selbst. Jeder von Euch kann all das mehr oder weniger gut, manch ein Zwerg beweist in seiner Berufung schärfere Sinne. Es ist gut, dass wir alle unterschiedliche Stärken haben, denn nur so können wir uns gut ergänzen und gemeinsam Berge versetzen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das bedeutet es, einer der Khazâd zu sein.“, Durgin atmete durch nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher. Alle Anwesenden fühlten sich von seinen Worten bestärkt und strahlten Stolz und Freude aus. Der Wissenshüter schickte sich an, die Geschichte weiter zu erzählen: „An den wichtigsten Punkten in ihrem Berg errichtete das noch junge Zwergenvolk Säulen als Landmarken und Orte der inneren Einkehr. Die eingelassenen Zeilen regten zum Nachdenken an oder beschrieben ein Ritual, das genau befolgt werden sollte, um neues Wissen aus sich selbst heraus erlangen zu können. Die erste dieser Säulen erstellten sie in der Schieferstadt, dem Ort ihrer Erschaffung. Eine zweite stellten sie später inmitten der Feuerflüsse auf. Am Pfad des Mets entstand der dritte. Insgesamt sieben dieser Markierungen waren letztendlich innerhalb der großen Zwergenstadt im Berg zu finden. Jede Säule war einem anderen Thema gewidmet. Die erste Aufgabe betraf das Leben eines Zwerges, das Schaffen und Werden.“

 

Ich nahm die Sprechpause des Weisen zum Anlass, meine Erfahrungen einfließen zu lassen. „Entschuldigt, Zirak Durgin. Dieses ‚Ritual des steinernen Volkes’ habe ich bereits zweimal in der Schieferstadt durchgeführt. Damals während der großen Flucht, um der Bewahrer zu werden und bei meinem letzten Besuch in der verlassenen Stadt, bevor Foret und ich uns kennenlernten. Dabei hatte ich diese Schnalle erstellt.“ Ich kramte die Gürtelschnalle aus meinem Beutel und legte sie auf meine offene Hand, damit alle sie sehen konnten. „Es geht dabei um die Besinnung auf sich selbst. Die festen Abläufe zur handwerklichen Erstellung eines kleinen Kunstgegenstandes dienen der Konzentration und fördern die Zielstrebigkeit. Ich kann es jedem nur empfehlen, diese Erfahrung selbst einmal zu machen.“ Die anderen Zwerge nickten anerkennend. „Danke Daril, Euren Einwurf nehme ich wohlwollend zur Kenntnis. Ihr seid ein gutes Beispiel für unsere gelebte Kultur.“, erwiderte der Gelehrte.

 

„Nun möchte ich aber meine Erzählung fortsetzen. Die sieben Säulen in Takal Dûm spiegeln die Traditionen und Werte unserer Gesellschaft wider. Nur wer sich eingehend mit den sieben Aufgaben beschäftigt, wird wahre Weisheit erlangen und Großmeister werden können. Ein solcher Großmeister ist Gelehrter und Handwerker zugleich, er vereint die Lehren aller sieben Gilden in sich und konnte sich erst dann zur Wahl für den großen Rat von Takal Dûm stellen. Diese Stellung stellte eine große Verantwortung dar, denn die Bevölkerung wuchs zusehends und die Stadt expandierte.

Jede der sieben großen Gilden bewohnte ein eigenes Areal der unterirdischen Stadt und verwaltete ihr jeweiliges Viertel selbst. Dennoch wurde auf besondere Fähigkeiten und spezielle Talente geachtet und diese gefördert. Es kam nicht selten vor, dass ein junger Zwerg für die Ausbildung in seiner Berufung das Gildenviertel seiner Eltern verließ und in einen anderen Teil der Stadt zog. Da alle Stadtteile durch die Lorenbahn miteinander verbunden waren, war es keine Mühe durch den Berg zu reisen.

Der zuletzt errichtete Teil Takal Dûms war die Oberstadt, die freien Zugang zur Oberwelt hatte. Dort befand sich auch der ‚Pfad des Mets‘, wo die Met- und Bierbrauer ausgebildet wurden.“ Foret meldete sich bei der Erwähnung seines letzten Wohnsitzes. „Bitte, Foret.“, überließ Durgin meinem Gefährten das Wort. „Bis ich Daril begegnete lebte ich fast einhundert Jahre in der Oberstadt und hatte mein Nachtlager in der Metbaude eingerichtet. Ich war bis vor Kurzem der letzte Zwerg in der alten Stadt. Die Begegnung mit dem Bewahrer war bis dahin mein Lebensziel und ich hielt es nur für richtig, ihm bei seiner Aufgabe zur Seite zu stehen. Das habe ich mit keinem Atemzug bereut und bin glücklich, dass ich heute mit ihm hier bei euch sein darf.“, redete Foret sich freudig von der Seele. Zwei unserer Begleiter klopften ihm bestätigend auf die Schulter.

Meister Durgin nickte und fuhr mit seinen Ausführungen fort.

 

„Es begab sich in der siebenten Generation nach der Erschaffung der Stammväter, dass die Bewohner der Oberstadt auf Menschen trafen, während sie Honig für den Met aus den Bienenkörben einsammelten. Unsere Vorfahren blieben vorsichtig und konnten sich ungesehen vor den Menschen zurückziehen, die schlank und viel größer waren, als sie selbst. Einen der Ihren schickten sie zur Ratshalle, um die Herrschaften des Zwergenrates über die Entdeckung zu unterrichten. Um mit den Fremden in Kontakt zu treten, wurde aus jeder Gilde eine Person ausgewählt. Diese Delegation begab sich in die Oberstadt und von dort aus machte sie sich zu den ungewöhnlichen Fremden auf. Die sieben Zwerge mussten nicht weit wandern, bis sie die großgewachsenen Wesen erreichten, die eigentümliche Behausungen um ein großes Lagerfeuer herum aufgebaut hatten. Sie winkten freundlich, doch die großen Leute sahen sie nur ängstlich an. Dann kamen bärtige Menschen mit spitzen Stangen auf die Zwerge zu und brüllten unsere Leute an. Um ihre Friedlichkeit zu zeigen, hoben die Khazâd ihre Hände und zeigten den Menschen ihre offenen Handflächen, aber die Neuankömmlinge kreisten unsere Ahnen ein und setzten sie fest. Die Zwerge gaben sich weiterhin friedlich, denn sie wollten die Menschen nur kennenlernen. Sie lauschten genau, wie die großen Leute miteinander redeten, um deren Sprache aufzuschnappen. Der Wissenshüter der Sieben machte den ersten Versuch, mit den Menschen zu kommunizieren. Er machte einfach einen Schritt nach vorn, stand allein da und begann eine Melodie zu summen. Die anderen Zwerge kannten das Lied und stimmten ebenfalls summend ein, denn sie hielten sich daran, keinem fremden Wesen ihre Sprache zu offenbaren. Die Musik schien die Menschen aber zu beruhigen, denn sie ließen die Waffen sinken und klatschten in die Hände, als die Zwerge mit ihrer Darbietung zum Ende kamen. Ein erster Schritt des Kennenlernens war getan und es dämmerte bereits zur Nacht, weshalb sich die Sieben anschickten, den Heimweg anzutreten. Sie verbeugten sich vor den Menschen und gingen heim, um ihnen am nächsten Tag erneut einen Besuch abzustatten. Etwas verwirrt blicken ihnen die Großen nach.

 

Am nächsten Morgen machten sich die Sieben erneut auf den Weg zu den Menschen. Als sie das Lagerfeuer erreicht hatten, wurden sie von den Fremden immer noch skeptisch beäugt. Die Sieben schauten sich an, was die Leute um sie herum so taten und hörten zu, wie sie miteinander sprachen. Die zwergische Auffassungsgabe machte es ihnen leicht, die Eindrücke einzuordnen und die Grundzüge der fremden Sprache zu erfassen. Bald versuchten sie mit den großen Leuten zu reden. Das Erstaunen der Menschen war groß, als die Zwerge begannen, mit ihnen zu sprechen.

Die großen Leute waren nicht sesshaft, sondern zogen durch die Welt und versorgten sich durch die Jagd auf Tiere und das Sammeln von Früchten, Pilzen und Wurzeln. Manchmal folgten sie den Herden ihrer Beutetiere, um Vorräte anlegen zu können. Die Menschen trockneten Fleischstreifen und sammelten Nüsse, damit sie keinen Hunger leiden mussten. Ihr Trinkwasser entnahmen sie Seen und Flüssen, an die sie auf ihren Wegen kamen. Den Zwergen war diese Lebensweise fremd, denn sie züchteten schon immer Pilze in ihren unterirdischen Gärten und pflanzten Wurzelgemüse an, seit sie die Oberstadt gegründet hatten. Die Gilde der Druiden kümmerte sich um die Kultivierung der Nahrung und deren Fortbestand.

Die sieben Zwerge versprachen den Menschen, am nächsten Tag eine Ladung Pilze und Wurzeln mitzubringen, um zu zeigen, dass die ‚Unterirdischen‘, wie die großen Leute sie nun nannten, keine bösen Absichten hegten. Ganz nach ihrem Naturell hielten sich unsere Ahnen an ihre Ankündigung und sie wurden am nächsten Morgen von Arbeitern begleitet, die zwei Karren mit Lebensmitteln durch den Wald zogen. Die Menschen waren beeindruckt, aber sie dachten sich wohl, dass es noch viel mehr interessante Dinge gab, wo die kleinen dicken Wesen herkamen. Als die Zwerge sich abends von den großen Leuten verabschiedeten, schickten diese heimlich drei Späher hinterher, die herausfinden sollten, wo die Unterirdischen wohnten. Im Dunkeln fanden sich die Menschen weit weniger gut zurecht als unsere Leute, denn ihnen fehlt die Fähigkeit auch mit wenig Licht gut sehen zu können, die uns zu eigen ist. Die Späher brachen nach kurzem Weg ihren Auftrag ab, da sie in der Nacht befürchteten, die Orientierung zu verlieren. Die Khazâd kamen also unbehelligt nach Hause. Auch am vierten Tag nach dem ersten Zusammentreffen der so unterschiedlichen Kulturen wussten beide Seiten nicht, was sie von den Anderen halten sollten. Zu verschieden waren ihre Lebensweisen.

 

Am Morgen des fünften Tages mit den Menschen in der Nähe Takal Dûms machten sich die sieben Zwerge wieder auf, zum Lager der Menschen zu marschieren. Auf etwa halbem Wege hörten sie ein ängstliches Schluchzen zwischen den Bäumen. Eine junge Menschenfrau wurde von vier Wölfen bedroht, die sie einkreisten und nach ihr schnappten. Die sieben Zwerge machten einen großen Lärm und verscheuchten so die Raubtiere. Da das Mädchen bereits schwer verletzt war, trugen sie es zur Zwergenstadt und behandelten es dort. Der Weise und der Druide bemühten sich, das Leben der Frau zu retten. Ihre Wunden wurden gereinigt und mit Kräuterwickeln versehen, dann schlossen die Zwerge sie in Bergkristall ein, um die Heilung zu beschleunigen. Die anderen fünf gingen derweil zu den Menschen, um ihnen von dem Geschehen zu berichten. Doch die Menschen waren aufgebracht und nicht dankbar, denn sie meinten, die Unterirdischen hätten die Frau in das Lager zu den Menschen bringen sollen. Mit einer solchen Reaktion hatten die Zwerge nicht gerechnet und wollten wieder zu ihrer Stadt zurückkehren. Die Menschen hielten sie aber auf und stellten als Forderung, dass sie einen der Ihren mit den kleinen Leuten schicken wollten, um die Frau heimzuholen. Damit waren die Steingeborenen einverstanden und nahmen einen jungen Mann mit auf ihren Weg. Bewaffnet mit einem Messer aus Feuerstein und einem Speer folgte der Mensch den fünf Zwergen, die nicht verstanden, was er damit bezwecken wollte. Das Messer war spitz und taugte wenig dazu, etwas zu schneiden und der angespitzte Stock war als Wanderstab nicht geeignet. Waffen waren unseren Ahnen damals noch kein Begriff, sie kannten nur Werkzeuge. Bald erreichten die Zwerge und der Mensch den Berg, der die große Stadt beherbergte. Einer der Steingeborenen lief vor, damit der Mensch den Eingang nicht zu sehen bekam. Die anderen vier behielten ihren gemütlichen Schritt bei und hielten den menschlichen Jäger zurück, der sich beeilen wollte. Die Frau sei in guten Händen, versicherten sie ihm. Je näher sie der Stadt kamen, desto unruhiger wurde der Mensch. Als sie jedoch die Felswand errichten, warteten sowohl die anderen drei Zwerge der Delegation als auch die junge Frau, eingeschlossen im heilenden Kristall, bereits vor dem Berg. Der Jäger war erschüttert, wie er das Mädchen dort so reglos wie tot liegen sah und wurde wütend auf die Zwerge, da er glaubte, sie hätten die Menschen belogen. Die Heiler lösten den Kristall auf, um die Frau aufzuwecken, doch die blinde Wut des jungen Mannes ließ ihn nicht erkennen, was die Zwerge da taten. Er schloss sie in die Arme und küsste sie, woraufhin das Mädchen die Augen aufschlug und dem Jäger geschwächt aber glücklich anblickte. Nach einiger Zeit des Ausruhens war sie wieder kräftig genug, um den Heimweg anzutreten. Der Mann gab den Zwergen aber zu verstehen, dass sie sich nicht mehr im Lager der Menschen blicken lassen sollten. Den Steingeborenen war dieses Verhalten unverständlich, aber sie kamen der Aufforderung nach und besuchten die Menschen nicht wieder. Zu wankelmütig waren ihnen deren Launen.

So endete die erste Begegnung mit den Menschen und unsere Ahnen waren eine Erfahrung reicher.“, beendete Meister Durgin seine Geschichte.

 

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