03. Eine kurze Reise

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Ein graues Brabant-Pferd

 

Der weißbärtige Zwerg nippte genüsslich von seinem dampfenden Tee, bevor er weitersprach: „Kristalle bilden sich im Gestein gar nicht so oft, denn es bedarf besonderer Umstände, dass Mineralien kristallisieren. Salze sind da die Ausnahme. Wir stießen damals unter Tage gegen jede Erwartung auf eine ganze Höhle voller im Lichtschein unserer Laternen funkelnder Steine. Mein Vorarbeiter, Steiger Walig, und ich versprachen uns, über diese Höhle niemals ein einziges Wörtchen zu erzählen. Du bist nach all den Jahren der Einzige, der nun auch davon weiß, Daril. In dem Brief, den du mir brachtest, ließ er mir mitteilen, dass er nicht mehr lange zu leben hat und ich einen vertrauenswürdigen Zwerg einweihen und ihm vorstellen soll. Übermorgen, am Sonntag, werden wir ihn besuchen und dir die ganze Geschichte erzählen.“

Der Postzwerg nickte langsam. „Ich danke dir für dein Vertrauen, Brog. Natürlich werde ich mit dir deinen Freund besuchen. Euer Geheimnis wird bei mir sicher sein.“, versprach er dem Älteren. Die beiden plauderten an diesem Abend noch lange miteinander, ehe sich Daril auf den Heimweg machte.

 

Am Samstagmorgen fiel es dem Postzwerg recht schwer, früh für die Arbeit aufzustehen, aber er gab sich einen Ruck und ging seinem geschätzten Tagwerk nach, auch wenn es leicht nieselte.

Auf seinem Zustellgang kam auch Brog ihm entgegen. „Grüße, Daril! Wir treffen uns morgen früh um acht an meinem Hoftor. Ich werde nicht warten.“, sprach er und setzte eilig seinen Weg fort. Der Postzwerg antwortet mit einem knappen „Aye.“ und ging zum nächsten Haus, um ein Paket auszuliefern.

 

Der Sonntag erwachte mit zögerlichem Sonnenschein, der den jungen Zwerg gut gelaunt aus dem Bett holte. Nach einem guten Frühstück packte Daril sich noch eine Brotdose in seinen ledernen Rucksack, bevor er das Haus verließ und zu Brog ging. Die Kirchenglocken schlugen gerade acht Mal, als er an das Holztor trat und läuten wollte. Doch genau in jenem Moment zog Brog das Tor auf und trat auf die Straße. „Schön, du bist hier!“, begrüßte der Hausherr den Postzwerg, während er auch den anderen Torflügel aufschlug. Auf dem Hof stand ein einfacher Holzkarren mit einer Sitzbank. Ein kräftiges Pony, das wie ein etwas klein geratener grau-blauer Brabanter aussah, war davor gespannt, das den Wagen auf einen Pfiff von Brog hin vom Grundstück zog. Gemeinsam schlossen die Zwerge das schwere Tor wieder. „Alfred wird uns zu Walig bringen.“, bemerkte Brog und tätschelte dem Pony den Hals, bevor er auf den Kutschbock stieg. Daril setzte sich neben ihn, dann setzte sich Alfred nach einem Schnalzen von Brog gemächlich in Bewegung.

 

Bald hatten sie das Dorf hinter sich gelassen und zuckelten über die gepflasterte Straße nach Osten, unweit der Trollsteine. Es war um die Mittagszeit, als sie eines der Nachbardörfer erreichten und dort vor einem Haus aus Bruchsteinen hielten, in dessen Vorgarten hinter einem kunstvollen schmiedeeisernen Zaun die letzten Blüten des Jahres farbige Tupfer in das Gelb und Braun des Herbstlaubs malten.

 

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